Abgesehen von den Polychresten Thuj., Nux-v. und Anac. werden die meisten anderen Bäume nur selten verordnet. Zwar ist mittlerweile eine stattliche Anzahl als potenzierte Arznei verfügbar, doch sind insgesamt nur recht wenige chronische Fallverläufe anderer Bäume in der Literatur auffindbar. Dabei spielen Bäume im Leben der Menschen seit Jahrtausenden eine bedeutende Rolle: als Werk- und Baustoff, als Brennmaterial oder brauchtümlich als Maibaum, Richtbaum oder Weihnachtsbaum. Grund genug, eine komplette Ausgabe den Bäumen zu widmen.
Abies nigra (Schwarzfichte)
Die amerikanische Schwarzfichte Abies nigra gehört wie Thuj. zur Ordnung der Koniferen. Auch homöopathisch besteht bei Abies nigra eine
Verwandtschaft zu Thuj., wie der Fall von
Marco Riefer (Freiburg) zeigt: freundlich-gefällige Fassade mit der Neigung, tiefere Emotionen zu verstecke
n („Ich habe immer versucht nicht aufzufallen.“) und unangenehme Bereiche des Lebens zu tabuisieren,
Starre,
Rigidität und
Selbstunklarheit („
Ich hatte immer das Gefühl, dass ich nicht recht bin, so wie ich bin.“). Hinweisend auf Abies nigra war v.a. die Magenproblematik, ein bekannter Schwerpunkt der Schwarzfichte. Nach der zweimaligen Verordnung von Abies nigra C30 sowie einer C200 kam es zu einer nachweislichen Heilung der
Gastritis und der
Sinusitis, wie auch einer deutlichen Besserung der Infektanfälligkeit. Die Wirkung von Abies nigra im psychischen Bereich verdeutlicht die Aussage der Partnerin: „
Ich kann jetzt Dinge mit ihm besprechen, die früher undenkbar gewesen wären. Unsere Beziehung ist wesentlich entspannter und leichter geworden.“ Die Nachbeobachtungszeit beträgt drei Jahre.
Sabina (Juniperus sabina)
Juniperus sabina gehört wie Thuj. zur Familie der Zypressengewächse und wird wie auch Abies nigra zur Ordnung der Koniferen gerechnet. Grund für die homöopathische Behandlung bei dem in Lemgo praktizierenden Heilpraktiker Jürgen Brand waren u.a.
„massiver Haarausfall“,
PMS (Krämpfe, Kopfschmerzen) und ein ausgeprägtes
Engegefühl um den Brustkorb. Nach der nur partiell hilfreichen Verordnung von Arzneien wie Ign., Nat-m., Nat-c. und Lac-d. erbrachte dann Juniperus sabina den gewünschten Durchbruch. Alle prämenstruellen Beschwerden besserten sich deutlich oder verschwanden ganz, genauso wie der Haarausfall, das Engegefühl, der Mundgeruch und das Völlegefühl. Auch gesamtenergetisch wirkte Juniperus sabina hervorragend, wie auch bei im weiteren Verlauf der Behandlung auftretenden Erkältungen.
Juglans regia
Gleich mit
drei Beiträgen ist Juglans regia, der Walnussbaum, vertreten. Die Patientinnen der beiden ersten Kasuistiken von
Karl-Josef Müller und
Jürgen Brand fanden u.a. aufgrund
chronisch-rezidivierender Blasenentzündungen den Weg zum Homöopathen. Auffällig bei beiden die
Empfindung eines Stäbchens bzw. eines Nagels in der Harnröhre bei den akuten Beschwerden. Wie immer bei einem sehr gut passenden Simile kam es nach der Verordnung von Juglans regia auch zur Heilung weiterer chronischer Beschwerden.
Die dritte Juglans-regia-Patientin (Behandler:
Karl-Nolden, Aachen) erinnerte mit ihrer Neigung sich aufgrund ihres ausgeprägten Pflichtgefühls zu überarbeiten und ihrer Furcht, wie ihre Mutter an Krebs zu erkranken, an Carc. Es war aber Juglans regia, verordnet als Q-Potenz, die ihre
Migräne, die
Neurodermitis und die
Gelenkbeschwerden zur Abheilung brachte.
Mancinella (Hippomane mancinella)
Hippomane mancinella, der Manzanillobaum, ist im Körperlichen bekannt für Dermatiden mit starker Blasenbildung, im Psychischen für ausgeprägte Ängste vor dem Verrücktwerden, dem Teufel oder eigenen bösen Taten. Wie solch ein permanenter Kampf mit dämonischen Kräften das Leben von Mancinella-Menschen durchdringen kann, welche körperliche Symptomatik damit einhergeht und welch wunderbare Heilreaktion Mancinella anstoßen kann, dokumentieren
zwei Kasuistiken des in München praktizierenden Homöopathen
Johann Vielberth. Auch zu differenzierende Arzneien wie Stram. und Anac. kommen in diesen beiden Artikeln zur Sprache. Zusätzlich werden in einem kompakten
Arzneimittelbild noch Erfahrungen anderer Homöopathen wie auch einige zentrale Aspekte einer kleinen Arzneimittelprüfung von Mancinella aufgeführt, die der Behandler im Jahr 2000 mit Kollegen durchgeführt hat.
Angustura vera
Angustura vera ist vor allem bekannt für seinen
exzessiven Kaffeekonsum, was auch in diesem Fall der entscheidende Hinweis zur Mittelfindung gewesen ist („
Ich brauche ihn! Früher habe ich mehr als zwei Liter pro Tag getrunken.“). Eine Gabe Angustura vera C200 (und bei Bedarf Angustura LM12) heilte
seit 17 Jahren bestehende migräneartige Kopfschmerzen, und auch im Gesamtbefinden erfuhr die Patientin auf allen Ebenen eine deutliche Besserung. Abschließend führt die Behandlerin
Monika Kittler noch eine Übersicht der Wirkungsschwerpunkte von Angustura vera auf.
Fagus sylvatica - Rotbuche, Blutbuche
Fagus sylvatica war die passende Arznei für einen Mann, der wegen
Hypertonie (180/110) und
Tinnitus aurium in homöopathische Behandlung gekommen war. Seine hohen Blutdruckwerte reduzierte der Patient seit zehn Jahren mit regelmäßigen Blutspenden. Insgesamt drei Gaben Fagus sylvatica C200 sowie einmalig die XM innerhalb von 14 Monaten beseitigten den Tinnitus und führten zu einer Normalisierung der Blutdruckwerte. Auch das
Nasenbluten und die Tendenz zu blauen Flecken sind nicht mehr aufgetreten. Die Nachbeobachtungszeit umfasst insgesamt 30 Monate (Behandlerin:
Birgit Nalepa, Waldmohr).
Camphora (Cinnamomum camphora)
Camphora ist vor allem bekannt als eine Arznei für kollapsartige Zustände mit eisiger Kälte, nicht selten einhergehend mit einer Abneigung gegen äußere Wärme. Wie sich diese Arznei im Körperlichen wie im Psychischen zeigen kann, illustriert sehr anschaulich ein Camphora-Fall des italienischen Arztes
Dr. Giacomo Merialdo. Camphora weist viele drogenartige Aspekte in seinem Mittelbild auf. So schreibt T.F. Allen in „The Encyclopedia of Pure Materia Medica“: „
Die Außenwelt existiert für mich nicht mehr. Ich war allein im großen Universum, das Letzte von allem, was existierte. Ich war das letzte und einzelne Fragment der gesamten Schöpfung.“
Weitere Informationen zum
Arzneimittelbild, die Erfahrungen anderer homöopathischer Therapeuten mit Camphora sowie wissenswerte botanische Informationen finden Sie in einem Begleitartikel, der hier
Download_Camphora.pdf zur Verfügung steht.
Quercus robur - Stieleiche
Als letzten Beitrag zu den Bäumen finden Sie einen Fall von
Gertraude Kittler (Gütersloh) von Quercus robur, die mit ihrem stabilen und extrem langlebigen Holz in deutlicher Resonanz zu stehen scheint mit dem Wesen und den (Sicherheits-)Bedürfnissen der Deutschen. Nicht zufälligerweise ziert ein Eichenblatt die Rückseite der in Deutschland geprägten Euro- und DM-Münzen, wobei die alte Nationalwährung im Rufe stand, „hart“, sicher und solide zu sein. Solche Qualitäten zeichnen auch den Patienten aus, einen leistungsorientierten, beruflich selbstständigen Mann mit
hohen Ansprüchen und einem
ausgeprägten Verantwortungsgefühl. Zu frühe Überforderung zeigte sich bei ihm schon in der Kindheit, als er im elterlichen Geschäft mithelfen und Verantwortung übernehmen musste, und später als Jugendlicher, als er nach dem plötzlichen Tod des Vaters dessen Position einnehmen musste. Mehrere Gaben Quercus robur bewirkten ein praktisch völliges Verschwinden seiner Beschwerden (
Rückenschmerzen,
Heuschnupfen,
Tonsillitiden), emotional fühlte er sich deutlich
weniger angespannt und auch die
anfallsartigen Todesängste traten in den folgenden fünf Jahren nach der ersten Gabe von Quercus robur nicht mehr auf.
Valeriana officinalis - Baldrian
Den Abschluss dieser Ausgabe bildet ein Valeriana-officinalis-Fall von
Graziella Sanzo (Saarbrücken). Der potenzierte Baldrian war das Heilmittel für ein unter
Schlafstörungen leidendes zweijähriges Mädchen. Auch die
Infektionsanfälligkeit und ihre Neigung,
bei Schmerzen ohnmächtig zu werden, besserten sich unter Valeriana officinalis.