Kinder gehören zu den dankbarsten Patienten, denn sie reagieren zumeist nicht nur schnell auf eine gut gewählte Arznei, sondern es lassen sich oft auch chronische und schwerwiegende Krankheitszustände deutlich mildern oder gar verhindern – im Idealfall für den längsten Teil des Lebens. Um die Zielgruppe Kinder etwas zu konkretisieren, widmet sich die Herbstausgabe 2007 vor allem „schwierigen“ und aggressiven Kindern.
Buthus australis - nordafrikanische Skorpionart
Den Einstieg bildet ein Artikel des in Haunetal praktizierenden Kinderarztes
Dr. med. Andreas Richter. Ausgehend von einer Falldarstellung von Buthus australis bei einem vom Vater abgelehnten Bub mit
Verhaltensauffälligkeiten (ausgeprägtes oppositionelles Verhalten, Jähzorn) und einer Einschlafstörung, beschäftigt sich Dr. Richter nicht nur mit Buthus australis und der
Differenzialdiagnose zum bekannteren Androctonus amurreuxi hebraeus, sondern gibt auch einen Einblick in die Dynamik und Problematik
frühkindlicher Bindungsstörungen.
Veratrum album
Die „Prinzen-Rolle“ – mit diesen Worten hat die saarländische Homöopathin
Graziella Sanzo den Veratrum-album-Fall eines Mädchens tituliert, dessen Mutter sie als „
Prinzessin“ beschrieb und die selbst in ihrer Schwangerschaft ein Verlangen nach Keksen mit Schokolade, nach der „
Prinzenrolle“ hatte. Behandlungsgründe waren u.a.
Atemwegsprobleme mit starker Schleimbildung, ein Reizhusten und
häufige Wutanfälle. Bezüglich des weiteren Verlaufs schreibt die Behandlerin: „
Ihre Neigung zu starker Schleimbildung und -erbrechen ist ganz verschwunden. Die Wutanfälle haben sich ganz gelegt und sie ist ruhiger geworden. Es gab auch innerhalb der zwei nächsten Jahre keine sonstigen Infekte, Veratrum musste nicht wiederholt werden.“
Niccolum metallicum
Gleich drei Artikel befassen sich mit Niccolum metallicum: zwei Kasuistiken sowie ein aus Praxiserfahrungen diverser HomöopathInnen gewonnenes Arzneimittelbild.
Der erste Fall dokumentiert die Behandlung der dreijährigen Nina mit
massivem Warzenbefall im Gesicht und an den Händen – Warze neben Warze. Nicht minder auffällig ist Ninas Verhalten. Permanent
tyrannisiert sie ihre Angehörigen, die Mutter charakterisiert sie als
„kleinen Terrorist“. Eine Ermahnung wegen ihrer eigenmächtigen Inspektion der Praxis quittiert sie nur mit einem hämischen Grinsen. Ninas größte Angst ist die vor dem Nikolaus und wenn ihre Enkelin gar nicht mehr zu bändigen ist, muss sich der Opa (täglich!) als Nikolaus verkleiden. Nur so ist Nina zur Räson zu bringen. Die Behandlerin
Birgit Nalepa (Waldmohr) schreibt: „
Weil ihre Schwester nicht schnell genug ihren Willen erfüllt, schmeißt Nina wütend mit Duplo-Steinen und tritt nach ihr. Mein Sprechzimmer ist verwüstet, die Angehörigen völlig überfordert und ich bin sehr erleichtert, als sie gehen.“
Wegen Schlafstörungen und Enuresis wurde der vierjährige Phillip zum Heilpraktiker
Karl-Josef Müller (Zweibrücken) in homöopathische Behandlung gebracht. Seine Mutter sagte einleitend: „
Er schläft nicht... Er ist nicht ruhig, er zappelt mit allem rum, was er hat. Er wird seinem Namen gerecht, ein echter Zappelphillip. Daraus resultiert nur Zankerei, dann Brüllerei, am Schluss sogar Prügelei. Aber Prügeln scheint ihn nicht zu beeindrucken.“ Bemerkenswerterweise fürchtete sich auch Phillip vor Männern mit Bärten und dem Nikolaus. Wie Phillip nach der Verordnung von Niccolum metallicum C30/C200 schlief und was sich sonst noch bei ihm veränderte, finden Sie auf den Seiten 18 bis 20 der Homoeopathia viva 2/07.
Ein ergänzender Beitrag befasst sich mit Niccolum, das eine Reihe chemischer und physikalischer Gemeinsamkeiten mit den Elementen Eisen und Kobalt aufweist. Kurzdarstellungen von vier Niccolum-Fällen beleuchten diese Gemeinsamkeiten, wie auch die
Charakteristika und Schwerpunkte von Niccolum metallicum (Autor:
Thomas Schweser).
Venus mercenaria - Venusmuschel
Die folgende Kasuistik von
Gertraude Kittler (Gütersloh) dokumentiert die Behandlung eines Mädchens mit Venus mercenaria über einen Zeitraum von 12 Jahren. Nachdem Calc. die beiden ersten Jahre zufrieden stellend gewirkt hatte, musste ab Lisas drittem Lebensjahr eine besser passende Arznei gefunden werden. Weder Calc-sil., Calc-m. noch die zur Familie der Kammmuscheln gehörende Jakobsmuschel Pect. brachten die gewünschte Wirkung; erst die Venusmuschel Venus mercenaria vermochte die
zurückgezogene und
„sturköpfige“ Lisa aus ihrer Muschelschale zu locken. Sie fing an, sich auch außerhalb der Familie einzubringen und schloss Freundschaften zu Kindern, die sie bislang nur aus der Ferne schüchtern beobachtet hatte. Ihre
Wutanfälle traten nur noch gelegentlich auf. Körperlich „blühte“ der Herpes kurz nach der Gabe von Venus mercenaria auf und sie bekam 39,5° Fieber. Ein Jahr später wirkte Venus mercenaria auch akut bei einem grippalen Infekt mit beginnender Otitis und vier Jahre später verschwanden
asthmatische Beschwerden prompt nach einer Mittelwiederholung.
Gallicum acidum - Gallussäure - Galläpfel
Ein weiterer Schwerpunkt dieser Ausgabe ist Gallicum acidum. Der Freiburger Heilpraktiker und Homöopath
Marco Riefer steuert zwei Fälle wie auch ein kompakt gefasstes
Arzneimittelbild dieser äußerst
eifersüchtigen,
ichbezogenen und
nach ständiger Beachtung und Aufmerksamkeit verlangenden Arznei.
Ausgehend von der Beschreibung der Ursprungssubstanz, Gallussäure gewonnen aus Galläpfeln von Eichenblättern, bis hin zur Wiedergabe der wesentlichen Aspekte von sieben Gallicum-acidum-Fällen verdichtet sich in einem weiteren Beitrag ein klares und prägnantes
Arzneimittelbild von Gallicum acidum.
„Tuberkulinum statt Ritalin“
Tuberkulinum war das heilende Homöopathikum bei einem achtjährigen,
äußerst ruhelosen und
im Wutanfall völlig unkontrollierbaren Bub, der auf Empfehlung und Drängen der Schule und des Psychologen Ritalin verschrieben bekommen sollte. Innerhalb weniger Wochen nach der Gabe von Tuberkulinum wurde er wesentlich ausgeglichener, Wutanfälle traten nicht mehr auf, und seine Konzentration und das Sozialverhalten besserten sich so deutlich, dass eine Betäubung mittels Ritalin nicht mehr notwendig war. Die Nachbeobachtungszeit der Wirkung von Tuberkulinum liegt bei drei Jahren (Behandler:
Ralf Almasto Burmeister, Hamburg).
Mercurius iodatus flavus
Ein weiteres äußerst unruhiges und provokantes Kind war Simon, der als tief heilende Arznei Mercurius iodatus flavus erhielt. Körperlich litt Simon v.a. an
eitrigen Tonsillitiden mit Fieber und Ottitiden. Wie der italienische Arzt
Dr. Giacomo Merialdo (Genua) zur heilenden Arznei Mercurius iodatus flavus kam, und wie Simon auf allen Ebenen hervorragend auf dieses Quecksilbersalz reagierte, finden Sie dokumentiert auf vier Seiten.
Bufo rana
Die Erdkröte Bufo rana erwies sich als passend bei einem fünf Jahre alten Mädchen mit
häufigen Zystitiden. Für die Behandlerin
Graziella Sanzo (Saarbrücken) hinweisend auf Bufo rana war Carolines
Masturbationsneigung beim Fernsehen, einhergehend mit begleitendem Speichelfluss. Einige Gaben Bufo rana innerhalb der nächsten 18 Monate brachten nicht nur die Masturbationsneigung und die Blasenentzündungen zum Verschwinden, sondern reduzierten auch Carolines
Zurückgezogenheit, ihre Angst vor laut ausgesprochenen Ermahnungen, das Fingernägelkauen, ihre Tendenz zu Alpträumen sowie weitere Beschwerden.
Lycium barbarum - Bocksdorn (Solanaceae)
Das homöopathisch nahezu unbekannte Nachtschattengewächs Lycium barbarum brachte den Durchbruch bei der „
dominanten und kapriziösen“ zweieinhalbjährigen Isabel, bei der die zuvor von der Heilpraktikerin
Monika Kittler verordneten Bell. und Hyos. keinen anhaltenden Erfolg brachten. Die Mutter beschrieb die Wirkung von Lycium barbarum folgendermaßen: „
Bei uns ist seit dem letzten Mittel absoluter Frieden zu Hause eingekehrt. Isabel geht es sehr gut: Sie schläft nachts durch, manchmal hat sie ein bisschen Bauchschmerzen, die aber auch recht schnell wieder vergehen, und vor allem ist sie vom Verhalten her sehr umgänglich geworden. Keine Schreiereien mehr, sie kommt gut mit ihrem Bruder klar, die Eifersucht ist vorbei – in jeder Hinsicht ein Superkind! Und das Bettnässen war auch sofort verschwunden!“
Nabalus serpentaria (Korbblütler)
Der Korbblütler Nabalus serpentaria wurde der erst
sieben Monate alten Evi verschrieben, die nur wenig essen und noch weniger trinken wollte; so wenig, dass sich die Eltern genötigt sahen, ihr mit einer Spritze Getränke oral zuzuführen. Ansonsten ist Evi ein recht pflegeleichtes und freundliches Kind, die aber über ihr Fremdeln deutlich zeigt, dass ihr die Nähe der meisten Menschen unangenehm ist. Die Mutter beschreibt ihre Tochter als „
Sternenkind“, die sehr sensibel auf die Energien anderer Menschen reagiert. Das für einige Korbblütler (Arn., Bell-p., Mill. etc.) so typische Muster der Verleugnung von Verletzungen und traumatischen Ereignissen, zeigte sich sehr deutlich in den Aussagen der Mutter: „
Ich würde ihre Probleme wirklich reduzieren auf die Mahlzeiten, auf Trinken und Essen ... Wir sind eine sehr glückliche und harmonische Familie ... Es gibt sehr wenige Konflikte … Es gibt keine Konflikte ... Wenn es mir schlecht geht, das ignoriere ich sehr lange ... Die Geburten meiner Töchter waren unkompliziert. Es war undramatisch. Im Geburtskanal war die Nabelschnur um Evis Hals gewickelt.“ Welche Repertoriumsrubriken den Heilpraktiker und Diplom-Psychologen
Norbert Lenartz auf Nabalus serpentaria brachten, wie Evi klar und deutlich auf die Arzneigabe reagierte, und welche Erfahrungen der italienische Arzt Dr. Massimo Mangialavori mit Nabalus serpentaria hat, finden Sie nachvollziehbar wiedergegeben auf sieben Seiten.
„Homöopathen ohne Grenzen e.V.“ wird 10 Jahre alt
Zum Ausklang dieser Ausgabe führt ein kurzer Artikel die zahlreichen internationalen Behandlungs- und Ausbildungsaktivitäten des Vereines „Homöopathen ohne Grenzen“ auf (
http://homoeopathenohnegrenzen.de); ein Verein, in dem Ärzte und Heilpraktiker gemeinsam dem Wohle der Patienten wie auch der Verbreitung der Homöopathie dienen.